Noch vor dem Start der neuen Koalition ist in den Medien eine süffisante Betrachtung der formulierten Vertragsziele erfolgt. Wie stark Willensbekundungen seien, wenn es mal ‚wir werden‘ und mal ‚wir wollen‘ heißt und die Ergebnisse dann mit großer Betonung unter einen Finanzierungsvorbehalt gestellt würden? Für unsere Bundesgrünen Kollegen war die Analyse klar: Planlosigkeit – verständlich mit dem Blick aufs Ganze. Für mich als kommunalen Grünen aber steht ein Hoffnungsschimmer im Vordergrund, der absurderweise wesentlich durch Grünes Betreiben aufpoppen konnte (erinnern wir uns an die Diskussion der Schuldenbremse und eine ungewohnt eilige Abstimmung im alten Bundestag). Im Infrastrukturpaket sind 100 Mrd. € ausdrücklich für die Länder vorgesehen, genauer für örtliche Infrastruktur wie Kitas, Straßen, Brücken und Schulen. Kann ich das als Botschaft vernehmen? Ist der kommunale Hilferuf wirklich angekommen? Und fließen demnächst dringend benötigte Finanzmittel in die Städte und Gemeinden? Der hessische Städte- und Gemeindebund antichambriert in Wiesbaden. Der Bundespräsident forderte unlängst bei einer Konferenz mit ehrenamtlichen Stadt- und Gemeinderäten Bund und Länder auf, die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen in D zu erhalten, deren Schuldenstand aktuell 134 Mrd. € beträgt – Tendenz steigend. Das Finanzdefizit in den Kernhaushalten der Hessischen Gemeinden ist für 2024 mit 2,6 Mrd. € angegeben. Zweifel, ob die Schieflage wirklich verstanden wurde, bestehen weiter. Von den im Wahlkampf versprochenen Wohltaten finden sich im Koalitionsvertrag immer noch etliche; das Elterngeld soll steigen, bestimmte Einkommen sollen entlastet werden, die Körperschaftssteuer soll gesenkt werden u.v.a.m. -Ideen, die für sich betrachtet durchaus Sinn machen, aber zur Farce werden angesichts des Drucks, der auf einem Stadtverordneten lastet, wenn mangels Gelder kein genehmigungsfähiger Haushalt zustande zu kommen droht und Leistungskürzungen für die Bürger diskutiert werden müssen. Das Ergebnis – von Berlin Entlastung nach Gutsherrenart und von Viernheim Belastung nach dem Radfahrerprinzip (‘nach unten treten‘) – ist Realitätsverkennung der oberen politischen Ebenen. Vor diesem Hintergrund einen Haushalt durch Anhebung der Grundsteuern, die alle Wohnenden trifft, und Gewinnabschöpfung der eigenen Stadtwerke, die für Zukunftsinvestitionen stark sein muss, aufzustellen ist absurd.
Wo sind Alternativen? Einmal mehr müssen die Länder- und kommunalen Finanzausgleiche auf den Prüfstand und an den tatsächlichen Aufgaben gemessen werden. Und überhaupt ein dauerhafter Blick aufs Ganze gesichert sein. Oder mit Blick auf die unsere eigene Kassenlage: Hätten die noch vorhandenen Rücklagen einen Aufschub erlaubt? Sollten die Stadtverordneten der laut Hessischem Bund der Steuerzahler zwei Drittel der Kommunen, die 2024 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnten, Demos in Wiesbaden und Berlin organisieren? Ein Landkreis eines anderen Bundeslands sei schon vors BVG gezogen. Was tun?